(Vorwort)

1.

Die Welt ist in Unordnung geraten. Sie hat keine fest gefügte, allgemeingültige, durch Institutionen, Leitkulturen und Prozessroutinen geprägte Struktur mehr. Stattdessen ist mittlerweile jeder Seinszustand gleichermaßen möglich, alles ist fraktalisiert, partikularisiert, individualisiert, alles ist denkbar, nichts ist vorherbestimmt und vorhergegeben. Die Folge: derjenige der passiv in der Welt steht, empfindet sie permanent und zunehmend als Chaos, als in absoluter Unordnung, voller Konflikte, ohne Gewissheiten, ohne Lösungen. Und wenn doch, dann nicht ohne dass diese wieder zu weiteren Problemen, Unklarkeiten, weiteren unbeherrschbaren Nebeneffekten zu führen. Doch wie schaffen wir lebenswichtige Ordnung, Richtung, Fokussierung ohne die Angst, Ungewissheit, Risiko herrscht, wenn allgemeingültige Regeln, Strukturen, Prozesse, Institutionen nicht mehr vorhanden sind, nicht mehr gelten, nicht mehr akzeptiert werden; insbesondere dann, wenn sie durch allgegenwärtige postfaktische Entwicklungen ad absurdum geführt werden?

2.

Wenn Klarheit und Gerichtetheit nicht mehr per se und allgemein anerkannt automatisch existiert, dann muss sie aktiv individuell, organizational oder gleich gesamtgesellschaftlich hergestellt werden: durch die persönliche oder gemeinsame aktive Aufmerksamkeitsstrukturierung von Menschen; also durch die Regelung und Operationalisierung von Aufmerksamkeitsvergabe. So wird Bewusstsein strukturierbar, also das empfundene Wahrnehmen und Bewerten von Seinszuständen von Welt und die Reaktionen auf sie bestimmbar. Dabei erfolgt insbesondere die nicht extern determinierte Aufmerksamkeitsvergabe auf Basis von utiliaristisch geprägten Kalkülen, denn es sind regelmäßig Nutzenüberlegungen, die über die Vergabe von psychischer Energie entscheiden: Ist der wahrgenommene Nutzen einer beliebigen Aufmerksamkeitsverwendungs-Alternative höher dem anderer Einsatzmöglichkeiten und über den entsprechenden wahrgenommen Kosten, so wird Aufmerksamkeit gezielt vergeben.

Ist das nicht der Fall, erfolgt ihre alternative Verwendung, wobei die bewertende Gegenüberstellung sowohl bewusst als auch unbewusst automatisiert erfolgen kann. Diese Nutzenkalküle prägen jegliches menschliche für Denken und Handeln also sämtliches menschliche Transagieren. Sie werden darum Transaktionswerte genannt und bestimmen zu jedem Zeitpunkt menschliches Sein und Tun.

3.

Marketing versucht, genau diese menschlichen wahrgenommene Transaktionswerte möglichst zielgerichtet und nachhaltig zu beeinflussen; bestmöglich zu jedem Zeitpunkt einer aktiven Transaktionsbeziehung, um entweder Aufmerksamkeit von Dritten erstmalig zu empfangen oder sie aufrecht zu erhalten und in gewünschtes Denken und Handeln auf deren Seite zu überführen. Es tut das allerdings immer seltener massenhaft auf Basis etablierter Kanäle und Prozesse, da auch Marketing in der Welt stattfindet und weniger und weniger auf geregelte Strukturen, Wirkmechanismen und Automatismen zurückgreifen kann. Darum muss auch das Marketing den Weg der willentlichen und bewussten Aufmerksamkeitsstrukturierung beschreiten, um dadurch nicht nur das eigene Sein und Wollen zu definieren (Identität und Planning), sondern auch die individuelle Aufmerksamkeitsgewinnung (Branding und Campaigning) und weitere -verwendung (Transaktionsdesign und -management) zu beeinflussen um damit die zentralen Marketingziele zu erreichen.